Ansonsten war ich aber total ungestört. Das ist definitiv das allererste Mal in den acht Jahren, die ich auf dieser Insel lebe, dass mich niemand über die Gartenmauer anspricht. Wie auch? Ist ja keiner da, der mich ansprechen könnte. Als ich Kissen, Decke und Buch zu Unterhaltungszwecken in meinen Strandkorb verfrachtete, gingen tatsächlich noch zwei Leute die Straße entlang, die am Pastorat vorbeiführt - mit etwa zwei Metern Abstand voneinander. Aha, dachte ich, dann sind die also nicht „Kernfamilie“. Als ich dann drinsaß im Strankorb, kam nochmal jemand vorbei und dann: niemand mehr. Keine Insulanerinnen oder Insulaner, die im Vorbeigehen ein schönes Wochenende wünschen oder neidisch meine Gartenschaukel begutachten. Und auch keine Touris, die gerade den Helgoländer - Touri - Pilgerpfad absolviert haben und nun an meiner Pastoratsgartenecke stehenbleiben und anfangen über Gott und die Welt und Helgoland zu fachsimpeln.
Ich muss gestehen, dass ich zwar gut geschlafen habe in meinem Strandkorb, aber dass mir diese extreme Ruhe schon zugesetzt hat. So kenne ich meine Insel einfach nicht: Schönstes Frühlingswetter und fast niemand ist draußen unterwegs. Insulanerinnen und Insulaner nicht und Touris schon gar nicht, denn die sind im Moment von der Insel verbannt, damit das Corona Virus seinen Weg nicht auch noch hierher findet. Mir kommt Helgoland deshalb gerade ein bisschen vor wie eine Geisterinsel.
Ich glaube, ich werde gleich erstmal mit meiner eigenen Kernfamilie (sprich dem Wanderhemdbügler) ein bisschen spazieren gehen. Schön wäre es natürlich, wenn man dabei ein paar netten Leuten begegnet, aber was nützt das? Auf ein kleines Schwätzchen stehenbleiben geht ja leider nicht. Nichtmal mit zwei Metern Abstand. Im Moment sind ja nur Menschenansammlungen von maximal zwei Personen erlaubt.
Ich habe keine Probleme damit, mich an die Coronakrisenregeln zu halten. Schließlich weiß ich, dass wir damit am Ende Leben retten. Aber diese Ausgangsbeschränkungen verstärken mein Gefühl, dass unsere Insel eine Geisterinsel ist. Wie gut, dass ich gerade erst mit meinen Seniorinnen und Senioren telefoniert habe, um zu hören, wie es ihnen geht. Das waren tolle Gespräche und für mich in seelsorgerlicher Hinsicht wahrscheinlich noch wichtiger als für sie, denn diese Gespräche relativieren zum Glück das Geisterinsel-Gefühl. So weiß ich, dass Helgoland nicht ausgestorben ist. Es sind durchaus Menschen da. Liebe Menschen. Sehr nette Menschen. Offene Menschen. Menschen, mit denen man ein Schwätzchen halten kann. Menschen, die mal einen Witz erzählen. Ja, sie sind da! Man sieht sie nur nicht. Und jetzt, wo ich darüber nachdenke, fallen mir noch viel mehr Menschen ein, die für mich und füreinander da sind. Die Feuerwehr zum Beispiel. Meine Konfis. Meine Familie. Meine Freundinnen und Freunde. Bekannte. Ja, und auch die Touris. Wir treffen uns über Kurznachrichtendienste oder in den sozialen Netzwerken und bauen uns gegenseitig auf. Wir erzählen und hören zu. Wir machen Witze - gute wie schlechte. Wir fragen und geben wichtige Informationen weiter. Wir zeigen Bilder. Wir diskutieren die verschiedensten Themen. Wir spielen zum Zeitvertreib sinnlose Spiele, die total gute Laune machen. Und wir feiern sogar Gottesdienst zusammen.
Vielleicht ist meine Insel gerade doch nicht so geisterthaft. 😊
Zum ersten mall wieder im Strandkorb liegen, das wärs jetzt..stattdessen beschäftige ich mich den ganzen tag mit der Suche nach neuen Immobilien. aktuell ganz groß ist pflugfelder (https://www.pflugfelder.de/)
AntwortenLöschenOhja jetzt im Strandkorb liegen, wäre was schönes! Das mache ich immer am liebsten im Wellnesshotel am See (www.seeleiten.it).
AntwortenLöschenDie ersten Sonnenstrahlen des Jahren machen einfach glücklich! Ich habe meine dieses Jahr vor der ganzen Coronakrise im Hotel Sölden genossen (www.liebesonne.at) Was für eine Wohltat!
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