Dass es auf Helgoland öfter mal windig wird, habe ich vorher gewusst. Dass wegen Sturm die Schiffe mal nicht fahren oder bei Nebel die Flugzeuge nicht fliegen, habe ich auch vorher gewusst. Dass aber mein Pastorendasein auf Helgoland so stürmisch werden würde wie am vergangenen Montag, hätte ich nicht gedacht.
Vorweg sei gesagt, dass es uns allen hier auf der Insel den Umständen entsprechend gut geht und das ist das Wichtigste!
Ansonsten haben wir natürlch immer noch daran zu knabbern was der Orkan hier auf der Insel angerichtet hat.
Eigentlich hatte der Tag ganz entspannt für mich begonnen. Eine Baubesprechung, die für den Vormittag angesetzt war fiel aus, da die dazu eingeladene Delegation vom Festland aufgrund der Wetterprognose abgesagt hatte. Ich wusste nicht so genau, ob ich die gewonnene Zeit damit verbringen sollte, liegengebliebenen Papierkram zu erledigen, oder doch lieber damit, bei einer Kanne Tee vom Sofa aus dem Sturm zuzugucken. Letztlich lief es darauf hinaus, dass ich mich auf den Weg machte, um mit einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin der katholischen Gemeinde erste Vorbereitungen für unseren ökumenischen Martinsumzug zu treffen. Da war es zwar schon windig, aber alles noch im grünen Bereich.
Ich saß gerade beim Mittagessen und löffelte den Schokopudding in mich hinein, den es zum Nachtisch gab, als mein Melder losging: Feuerwehreinsatz! Auf dem Weg zum Feuerwehrgerätehaus wurde mir schon mulmig: Schieferplatten, Blumentöpfe und diverse andere Gegenstände waren überall um mich herum in der Luft. Richtig erschrocken bin ich dann später, als ich einen Teil des Schuldaches runterkommen sah. Weltuntergangsstimmung! Da konnte auch das kleine Kreuz, das ich in meinen Einsatzklamotten mit rumschleppe nicht mehr viel Mut machen. Trotzdem fuhr meine Hand wie von selbst in die Tasche, um sicherzugehen, dass es noch da ist. Und irgendwie war ich froh, dass die Feuerwehr kurz vorher noch mit einem Segensengel versorgt worden war.
Ja, liebe Kameradinnen und Kameraden, ihr wisst noch gar nichts von dem Engel und eigentlich sollte es auch nicht verraten werden, weil wir neugierig waren, ob ihn überhaupt jemand bemerkt. Nun wisst ihr, dass er da ist (zumindest diejenigen, die diesen Blogeintrag lesen), aber finden müsst ihr den kleinen Kerl schon selber. Was nicht leicht wird, denn er hat sich gut versteckt ;-)
Windgeschwindigkeiten von 190 kmh, Muscheln, die es vom Unterland aufs Oberland wehte, weggerissene Häuserfassaden, fliegende Container, Ausgangssperre ... , sowas muss man erstmal verdauen. Es grenzt schon an ein Wunder, dass da nicht mehr passiert ist.
Aber um ehrlich zu sein: noch beeindruckender als den Orkan selbst, fand ich die Hilfsbereitschaft, die ich während des Sturmes und danach hier auf der Insel erlebt habe! Um nur ein Beispiel zu nennen: Eine ganze Truppe von Offshore Arbeitern packte mit an, als es daran ging, zusammen mit den Jungs von der Börte und diversen anderen freiwilligen Helfern am nächsten Tag Aufräumarbeiten in, um und an der Schule zu leisten. Sogar unseren Friedhof haben sie von Trümmern befreit, die während des Orkans dorthin geflogen waren. Aber wie gesagt: das ist nur eins von vielen Beispielen, wie alle hier sich gegenseitig unter die Arme gegriffen haben - sei es nun mit Werkzeug oder einfach nur mit Mitgefühl.
Das macht mich dankbar dafür, dass Gott uns Menschen so gemacht hat, wie wir sind: nicht nur mit Fehlern behaftet, sondern auch in großem Maß mitfühlend, uneigennützig, hilfsbereit, tatkräftig, verantwortungsvoll und fähig unseren Nächsten zu lieben, in welcher Form auch immer.
Und es macht mich auch dankbar dafür, dass ich auf dieser Insel leben und arbeiten darf, umgeben von genau solchen Menschen. Schön, dass es euch gibt!
Moin Pam,
AntwortenLöschendanke für den tollen und ausführlichen Bericht. Ja das ist so bei uns im Norden. Wir hängen einander nicht auf der Pelle, aber wenn es darauf ankommt, packen alle mit an, jeder nach seinen Kräften.
Hattet Ihr denn wenigstens die Kirchturmspitze rechtzeitig eingefahren?
Tschüß, Horst