Ich muss da nochmal ein paar weihnachtliche Gedanken zu unserem ausgefallenen Krippenspiel loswerden. Es gibt ziemlich viele Leute, die es ziemlich schade finden, dass es in diesem Jahr auf Helgoland kein Krippenspiel für die Kinder gab. Ich gehöre dazu! Warum das so war, ist schnell erklärt: Ich kann alleine kein ganzes Krippenspiel besetzen so nach dem Motto:
Starring in alphabettical order
Engel 1: Pamela Hansen
Engel 2: Pamela Hansen
Engel 3: Pamela Hansen
Engel 4: Pamela Hansen
Engel 5: Pamela Hansen
Engel 6: Pamela Hansen
(Wieviele Engel braucht man eigentlich für die ganzen himmlischen Heerscharen???)
Esel: Pamela Hansen
Hirte 1: Pamela Hansen
Hirte 2: Pamela Hansen
Hirte 3: Pamela Hansen
Herbergswirt 1: Pamela Hansen
Herbergswirt 2: Pamela Hansen
Josef: Pamela Hansen
König 1: Pamela Hansen
König 2: Pamela Hansen
König 3: Pamela Hansen
Maria: Pamela Hansen
Ochse: Pamela Hansen
Schaf 1: Pamela Hansen
Schaf 2: Pamela Hansen
Schaf 3: Pamela Hansen
Mein schauspielerisches Talent kann sich zwar sehen lassen, aber dafür reicht es dann doch nicht. Den Esel hätte ich noch gut hinbekommen, aber den Rest nicht ;-)
Ich hatte vor Jahren noch den Ehrgeiz, selber mit ein paar Kindern hier ein Krippenspiel einzustudieren. Das ließ sich nicht machen, weil die Kinder sowieso schon mit allen möglichen Dingen beschäftigt waren und keine Zeit / Lust für Proben da war, und weil viele Familien gar nicht absehen konnten, ob sie an Weihnachten überhaupt auf der Insel sein würden oder vielleicht doch lieber Oma und Opa auf dem Festland besuchen.
Also würde es wohl eine spontane Besetzung der Rollen während des Gottesdienstes tun müssen. Eigentlich kein Problem. Sowas kannte ich schon aus meiner Kinderzeit. Da wurde das immer so gemacht mit dem Krippenspiel. Blöd war damals nur, dass immer schon alle Rollen ratzfatz vergeben waren und es nichts mehr zu besetzen gab, als ich mich endlich traute, mich zu melden. Viel Zeit, um den nötigen Mut aufzubringen, hatte ich auch wirklich nicht, denn alles stürzte sich sofort auf die zu vergebenden Rollen und Kostüme.
Hier scheint niemand so heiß aufs Krippenspiel spielen zu sein. Vor zwei Jahren bin ich tatsächlich 15 Minuten als Krippenspiel-Motivator durch die Kirche getigert, bis ich zumindest die allernötigsten Rollen besetzt hatte. Es müssen ja nicht gleich 20 Hirten sein und wenn die himmlischen Heerscharen aus nur einem Engel bestehen, ist das für mich auch voll okay. Aber schon doof, wenn es eine ganze Viertelstunde dauert, bis der Gottesdienst überhaupt losgehen kann. Und den Stressfaktor nicht zu vergessen! Also: MEINEN Stressfaktor. Die Gottesdienstbesucher hatten natürlich auch Stress, das konnte ich ihnen ansehen: Oh Gott, hoffentlich fragt sie mich jetzt nicht, ob ich den Herbergswirt übernehmen kann!!! Wie gesagt, MEIN Stressfaktor: Nach drei Minuten wurde mir mulmig. Nach sieben Minuten hatte ich Schweißperlen auf der Stirn. Nach neun Minuten war mir richtig schlecht und nach zwölf Minuten war ich einer Ohnmacht nahe. Mein Musiker hat mir später anvertraut, dass er so nach zehn Minuten drauf und dran war, mir vorzuschlagen, das mit dem Krippenspiel doch einfach zu lassen. Ich glaube, dann wäre ich tatsächlich in Ohnmacht gefallen.
Um diesen Stress zu vermeiden, nervte ich im letzten Jahr sehr rechtzeitig meinen Kirchengemeinderat mit dem Thema Krippenspiel und konnte wenigstens eine Maria und einen Josef finden, die gemeinsam und verkleidet und auf einem Strohballen hockend die Weihnachtsgeschichte erzählen würden. Das fand ich zwar klasse, weil wir so unseren Kleinen an Heiligabend wieder etwas bieten konnten, aber die Besetzung war doch schon sehr mager.
In diesem Jahr hätten "KGR Maria und Josef" auch wieder zur Verfügung gestanden - vielleicht. Denn Maria wusste zunächst nicht, ob sie Weihnachten überhaupt auf der Insel ist und Josef war für eine Weile gesundheitlich außer Gefecht gesetzt. Da war er wieder: der Stressfaktor! Irgendwann musste natürlich von den gottesdienstlich Hauptverantwortlichen eine Entscheidung getroffen werden und da uns kreative Alternativen nicht einfielen, lautete die Entscheidung: kein Krippenspiel. So!
Diese ganze Krippenspiel-Aktion ließ mich an ein Gespräch denken, das ich letzte Woche mit jemandem über das Thema Kirche geführt habe. Da fiel wieder der Satz: "Ich kann auch alleine an Gott glauben, dazu brauche ich die Kirche nicht."
Das Problem dabei ist: Du brauchst vielleicht die Kirche nicht. Aber die Kirche braucht dich!
Kirche funktioniert nur in Gemeinschaft, wie wir an dem wunderbaren Thema "Krippenspiel" sehen. Es funktioniert NICHT, wenn alle an Heiligabend ein Krippenspiel sehen wollen, aber keiner beim Krippenspiel mitmachen will.
Und das betrifft auch alle anderen Bereiche, die kirchliches Leben ausmachen. Wenn ich als Profischaf keine Gemeinschaft hätte, die mir in vielen Bereichen den Rücken freihält, könnte ich diverse pastorale Aufgaben gar nicht erfüllen. Es ist wirklich so: Ohne Gemeinschaft keine Gottesdienste, keine Seelsorge, keine Notfallseelsorge nach Terroranschlägen, keine Selbsthilfegruppe, keine Musik, keine Feste und Feiern, kein Seniorenkreis, kein Konfirmandenunterricht, keine Hospizarbeit, keine Geburtstagsbesuche, keine Bahnhofsmission, keine Seemannsmission, keine Krabbelgruppe, kein Weltgebetstag, kein Friedenslicht, keine Taufen, keine Trauungen, keine Beerdigungen, keine Jugendgruppe, keine Kindergärten, keine Pflegeheime, und: keine Krippenspiele. Und diese Liste ist noch nichtmal vollständig. Kirche funktioniert nicht, wenn alle was von Kirche wollen aber keiner bei Kirche mitmachen will.
Wie gesagt: Viele mögen denken, dass sie Kirche nicht brauchen. Aber betrachtet es wirklich mal von der anderen Seite: Kirche braucht euch! Denn Kirche ist die GEMEINSCHAFT der Glaubenden. Kirche, das sind die Menschen. Kirche ist nicht "ich". Kirche, das sind WIR.
Super geschrieben, wobei ich davon überzeugt bin, dass wir auch die Kirche/Gemeinschaft brauchen. Glauben ist viel mehr als nur die Existenz Gottes für wahr zu halten. Glaube muss gepflegt werden, sonst läuft man Gefahr, dass der Glaube falsche Ansichten und Inhalte bekommt oder dass sogar der Glaube abnimmt oder gar erlischt - und genau dafür ist die Kirche, also die Gemeinschaft von vielen Gläubigen da.
AntwortenLöschenNur meine 50 Cent zu diesem Thema...
Sehr gern genommene 50 Cent! Und: Du hast ja so recht!
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