Ich habe mich heute selbst zum Küsterdienst verdonnert, denn meine Küsterin hat Urlaub. Eigentlich wäre ich ja dafür, dass hier überhaupt niemand Urlaub nimmt, egal ob es sich nun um haupt- oder ehrenamtliche gute Geister handelt. Ich brauch' euch doch! Das gibt hier immer Chaos, wenn eine/r von euch im Urlaub ist!!!
Jedenfalls bin ich Samstags in der Regel mit Kirche aufschließen dran, zumindest dann, wenn Herr K. nicht vor Ort ist. Herr K. ist nämlich immer sehr fleißig und geht morgens schon Orgel üben. Oder Brötchen holen. Und dann schließt er auch gleich die Kirche auf, damit Frau Pastorin sich ein bisschen länger ihrem Schönheitsschlaf widmen kann. Das finde ich total nett von Herrn K.! Herr K. ist aber leider noch nicht auf der Insel, weil gestern kein Flieger flog. Heute morgen flog auch kein Flieger. (Ich finde, Nebel sollte wirklich abgeschafft werden!) Also kommt er heute mittag mit dem Schiff. Da muss die Kirche aber schon auf sein.
Da ich also heute morgen ohnehin in der Kirche schwer beschäftigt war (zum Aufschließen gehört nicht nur das Öffnen der Kirchentür sondern auch Licht anmachen, abgebrannte Gebetskerzen einsammeln, Korb mit frischen Gebetskerzen auffüllen, Gedenkbuch umblättern und Postkarten und Bücher nachfüllen), dachte ich mir, dass ich ja schonmal die Liednummern für den morgigen Gottesdienst stecken könnte. Ja: wir sind hier noch so vorsintflutlich und benutzen Liedtafeln anstatt einer Hightech-Ausrüstung in Form eines Beamers, der die Nummern einfach an die Wand wirft.
Nummern geworfen hätte ich heute am liebsten auch: den ganzen Zahlenkasten durch die Kirche. Aus Frust. Denn so einfach ist das mit dem Nummernstecken nicht. Das Resultat des selbstverordneten Küsterdienstes: drei abgebrochene Fingernägel, ein blauer Fleck an der linken Hand und ein paar Schrammen! Und nein: Ich habe das NICHT zum ersten Mal gemacht! Eigentlich weiß ich, wie das geht. Wirklich! Aber irgendwie wollten die Zahlen heute nicht so, wie ich das wollte. Oder das Holz der Liedtafeln war verzogen, oder was weiß ich. Ich bekam die blöden Zahlen einfach nicht in die vorgesehenen Rillen geschoben. Jedenfalls nicht, ohne mir dabei ziemlich wehzutun.
Böse, böse, böse (!) Zahlen!
Aber ich bin ja kreativ und dachte: wenn es seitwärts nicht geht, dann vielleicht einfach von oben reinstopfen. (Muss ich diese Tätigkeit dann umbenennen, von "Lieder stecken" auf "Lieder stopfen"?)
Mit ein bisschen Gewaltanwendung war ich dann schließlich erfolgreich: Alle Zahlen formschön plaziert und bombenfest. Ich habe zwar keinen blassen Schimmer, wie wir die da wieder rauskriegen sollen, aber darüber mache ich mir Gedanken, wenn die Lieder für den nächsten Gottesdienst gesteckt (gestopft?) werden müssen - also erst nächste Woche.
Und dabei hatte ich noch relativ wenig Arbeit mit den Nummern, da ich nicht auch noch die Versnummern stecken / stopfen musste. Das ist der Vorteil, wenn Frau Pastorin festlegt, dass bei den Liedern alle Strophen gesungen werden. Und der Psalm hat sowieso keine Strophen. Nur das Sanctus (Heilig, heilig, heilig - für die Nichtlateiner unter euch) beim Abendmahl braucht eine Strophe, damit auch das richtige Sanctus gesungen wird. Es gibt da nämlich mehr als eins unter der Nummer 672, jawoll! Wobei ich mir das Sanctus eigentlich hätte schenken können. Das singt sowieso nie jemand mit. Aber ich setze in diesem Fall darauf, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist und gewohnheitsmäßig einfach die Nummer im Gesangbuch aufschlägt und lossingt, ohne groß darüber nachzudenken. So nach dem Motto: "Huch, jetzt hab' ich's ja doch mitgesungen!" Vielleicht klappt's ja.
Schade nur, dass es in der Schatztruhe mit den Nummern keine Punkte gibt, mit denen man die Strophennummer sichtbar von der Liednummer abtrennen kann. Bindestriche und Pluszeichen sind vorhanden, aber keine Punkte. Da hat der Erfinder der Steck (Stopf) - Nummern mal wieder nicht nachgedacht.
Mit den beiden Liedtafeln auf der anderen Seite der Kirche ging es zum Glück leichter, denn da werden die Nummern weder gesteckt noch gestopft, sondern ganz einfach in die vorhandenen Rillen eingehängt. Auf diesen Liedtafeln sind die Rillen nämlich oben und nicht unten. Resultat: Keine nennenswerten Verletzungen - die Südseite der Kirche ist also gefahrlos zu bestecken / bestopfen / behängen. Und Strophennummern kann man da auch gut abtrennen, denn die Liedtafeln sind dunkler und man kann einfach einen Kreidepunkt aufmalen. Cool, oder?
Und jetzt noch so eine kleine Anmerkung nebenbei: Wenn ihr mich mal nicht in meinem Amtszimmer antrefft bzw. erfolglos versucht, mich aus der Wohnung zu klingeln, dann könnte das unter anderem daran liegen, dass ich drüben in der Kirche mit widerspenstigen Zahlen und verzogenen Liedtafeln kämpfe. In dem Fall lautet euer Auftrag: Nicht meckern, dass die Pastorin mal wieder nicht da ist! Sondern rüberkommen und Amtshilfe leisten, damit sie sich nicht ernsthaft verletzt!
Jaja, die lieben alten Stecktafeln.Das kennen wir in unserer Kirche auch. Klemmende Nummernplättchen, die einem bei zu heftiger Handhabung auch mal auf den Kopf fallen! Und Neuanschaffungen bei Kirchens sind, zumindest hier auf dem Festland, eher sehr spärlich möglich... Von KVerin aus Hage
AntwortenLöschenSolange einem nicht gleich die ganze Tafel auf den Kopf fällt ... ;-)
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