Um einen Ausgleich zu meiner arbeitsreichen und ziemlich pastoralen Woche zu schaffen, pelle ich mich derzeit mit Vorliebe in eine kuschelige Samtjacke plus Jogginghose ("homewear" heißt das heute) und stricke Socken, koche Birnen ein, backe Reformationsbrötchen, kritzel in meiner Bibel rum, höre klassische Musik, nähe Kissenbezüge aus alten Hemden, häkele Schals und drehe Hunderunden.
Am Abend vor meinem Pastorensonntag ziehe ich nicht mehr um die Häuser, durch die Kneipen oder in die Disco, um mich dort tänzerisch sowie alkoholkonsumtechnisch völlig zu verausgaben. Sowas habe ich früher mal gemacht (so vor drei Jahren etwa).
Der freie Tag ging dann so:
erste Hälfte - Rausch ausschlafen,
zweite Hälfte - Kater loswerden.
Ich steh' nämlich nicht so auf Katzen, und auf die, die den Magen umdrehen und Kopfschmerzen machen schon gar nicht!
Heute ist alles anders: Ich brüte als Ausgleich zum Pastorendasein über einer Partie "Carcassonne" (Wenigstens ist es kein Schach!) und verausgabe mich nur noch, wenn ich versuche, meine Stadt größer zu bauen als die meines Gegners. So ist es dann auch kein Wunder, wenn ich danach spätestens um 22:00 Uhr vor dem Fernseher eingeschlafen bin.
Muss ich mir Sorgen um mich machen???
Oder muss ich einfach damit leben, dass sowohl der "Pastorendasein"-Teil meines Lebens als auch der "auf Helgoland"-Teil seinen Tribut in Sachen "Obercoole Freizeitgestaltung" fordert?
Oder noch schlimmer: Muss ich wirklich endlich akzeptieren, dass ich keine 20 mehr bin? Und auch keine 30 mehr? Und auch keine ..., egal! Lassen wir das!
Das Einzige, was mich noch davon abhält, komplett in die Unterwelt der absoluten Uncoolheit abzurutschen, ist die Feuerwehr. Ich weiß: Pastorinnen und Pastoren, die gleichzeitig aktive Feuerwehrleute sind, gibt's schon lange. Das wurde nicht erst mit mir erfunden. Aber Pastorinnen, die eine Kettensäge schwingen, gibt's nicht so viele. Wir sind eine sehr seltene Spezies. Und obercool noch dazu!
Irgendwie hat mich das heute schon aus meiner depressiven "Oh Gott, ich bin der Inbegriff des Spießertums" - Laune rausgerissen, als ich jemandem ins Gesicht sagen konnte: Selbstverständlich habe ich einen Kettensägenschein!
Da werde ich es dann auch überleben, wenn ich heute Abend wieder vor dem Fernseher einschlafe - auch ohne vorher meine Carcassonne-Schafe gegen den bösen Wolf verteidigt zu haben.
Toller Artikel!
AntwortenLöschenLG
Steffi
Kettensäge