Ich hier auf meiner kleinen Insel mitten in der Nordsee: völlig ab vom Schuss, am Arsch der Welt sozusagen. Eigentlich sind die Ereignisse in Hamburg gerade ziemlich weit weg. Ich warte hier auf die Ankunft des Nordkirchenschiffs und meines Teams von "Kirche am Urlaubsort". Aber ich warte hier ganz bestimmt nicht auf die Ankunft von Demonstranten, Hundertschaften der Polizei und Politikern aus aller Welt.
Trotzdem beschäftigt mich das, was da gerade in Hamburg abgeht, sehr. Vielleicht weil ich eine sehr tiefgehende Abneigung gegen Gewalt habe. (Für eine Christin und Pastorin schonmal nicht schlecht, würde ich sagen.) Kann ja nichtmal guten Gewissens Mausefallen aufstellen!
Das Problem an der ganzen Sache mit den Krawallen da drüben ist, dass es mich sprachlos macht und den Eindruck von Hilflosigkeit weckt. Was kann ich kleine Pastorin mitten in der Nordsee schon gegen sowas tun???
Und da fallen mir aber auch schon die Antworten ein:
- Ich kann diesen Blogeintrag schreiben und euch da draußen dazu ermuntern, ein paar nette Worte an die Einsatzkräfte oder an die Stadtreinigung in Hamburg zu verlieren - entweder im Internet oder persönlich. Die können diese Art von Unterstützung wirklich gebrauchen!
- Ich kann bei mir selber anfangen mit dem Friedenstiften, denn ich bin ja auch nicht frei von Wut, ja manchmal sogar Hass. Ich kann immer wieder versuchen, mit dem, was mich frustriert und was mir Probleme macht, auf friedliche Weise umzugehen. Ich kann mich bemühen, mehr Gelassenheit im Umgang mit schwierigen Situationen zu entwickeln. Ich kann mich bemühen, mehr und öfter zu VERGEBEN! Anstatt Krawall zu schlagen. Ich bin ja auch keine Heilige, die immer alles richtig macht. Im Gegenteil: Manchmal möchte ich da, wo man mir weh getan hat, auch nur noch verletzen. Aber ich kann an mir arbeiten, damit das nicht passiert.
- Und ich kann euch dazu ermuntern, das auch zu tun. Ihr könnt das auch: Eltern, Kinder, Lehrer*innen, Schüler*, Jugendliche, Erwachsene, Junge, Alte, Männer, Frauen, Arme, Reiche, Schwarze, Weiße, Gelbe, Rote, Braune - eben alle!
Jetzt mag es Leute geben, die sagen:
- Wenn man nicht so blöd gewesen wäre und den G20 Gipfel ausgerechnet in Hamburg und ausgerechnet in der Innestadt hätte stattfinden lassen, dann hätte es solche Ausschreitungen nicht gegeben.
- Wenn auch weitere Länder als nur die 19 + EU eingeladen gewesen wären und wenn man andere wichtigere Themen auf die Tagesordnung gesetzt hätte, hätte gar kein Anlass zu Demonstrationen bestanden.
Hätte, hätte - Fahrradkette! 😝
Was dabei aber vergessen wird, ist, dass diese Dinge nicht für die Gewalt verantwortlich sind. Für die Gewalt sind ein Haufen Menschen verantwortlich, die ja gar nicht demonstrieren wollen, sondern nur kaputtmachen, egal was und egal wo. Für die Gewalt sind Menschen verantwortlich, mit denen nicht zu reden ist.
Und da finde ich den G20 Gipfel wieder sehr schön, weil er ein Besipiel dafür ist, dass etwas bewegt werden kann, wenn Menschen bereit sind, miteinander ins Gespräch zu kommen. Vielleicht wird da nicht sehr viel bewegt. Vielleicht ist der kleinste gemeinsame Nenner noch zu klein. Aber es ist ein Anfang. Und es ist allemal besser als Autos anzuzünden und Scheiben einzuschlagen, um seine Ziele zu erreichen oder nur seine Meinung zu äußern.
Ich denke, dass das auch ein guter Ansatz für uns alle ist, die keine Weltpolitik betreiben sondern einfach nur Familienpolitik, Partnerpolitik, Betriebspolitik: Erstmal den kleinsten gemeinseman Nenner suchen! Das finden, was uns möglicherweise verbindet und das, worauf sich beide Seiten einlassen können. Damit ist schon ein großer Schritt dahin getan, sich FRIEDLICH zu einigen.
Ich frage mich übrigens gerade, ob es Jesus wohl leidtut, dass er damals im Tempel so ausgerastet ist und die Tische der Händler umgeschmissen hat.* (Autos gab es ja noch keine, die er hätte anzünden können.) Ob es ihm wohl leidtut, dass er da mit so schlechtem Beispiel vorangegangen ist?
* steht im Markusevangelium in Kapitel11, Vers 15:
Dann kamen sie nach Jerusalem. Jesus ging wieder in den Tempel. Sofort fing er an,
die Leute hinauszujagen, die im Tempel etwas verkauften oder kauften. Die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer stieß er um.
Liebe Pam, danke für Deine Gedanken.
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