Der blinde twitter-Aktionismus ist meinem missionarischen Eifer zuzuschreiben. Und der Tatsache, dass ich so behaupten kann, ich würde ganz fleißig Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Mein Unmut über die Verdenglischichung meiner Muttersprache (und über die Verdenglischichung der enlischen und amerikanischen Sprache gleich mit) ist darauf zurückzuführen, dass ich fünf Jahre meines Pastorendaseins in den USA zugebracht habe. Die Tatsache, dass ich schon seit ein paar Jahren dem Teenageralter entwachsen bin, hat sicherlich auch ihren Einfluss.
Und ich stelle mit Entsetzen, ja sogar mit Horror, fest, dass mich die Verdenglischichung stört. Ich erinnere mich da an ein nettes Beisammensein im Anschluss an einen Gottesdienst in einer kleinen deutschen Gemeinde in Detroit: Da wurde ich aufs Schärfste gerügt, weil ich es gewagt hatte, eine amerikanische Fluggesellschaft als "əˈmerikən "er.laɪns" auszusprechen. Wir seien hier ja schließlich in einer deutschen(!) Gemeinde! Ich war damals nur verständnislos und deshalb auch gleich ziemlich sprachlos. Was hätte ich den sonst sagen sollen? Die Fluggesellschaft heißt ja nunmal so, wie sie heißt.
Und jetzt bin ich selber so drauf! Jetzt bin ich selbst diejenige, die die Schweißperlen auf der Stirn hat, wenn sich die englische und die deutsche Sprache so fröhlich vermischen. Und dabei habe ich noch nichtmal annähernd das Alter der Person, die mich damals so gerügt hat.
Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich nicht wirklich "issues" damit habe, wenn mal das eine oder andere fremdsprachige Wort einfließt. Im Gegenteil. Ich mag das, weil es doch zeigt, wie global unsere Welt inzwischen ist. Womit ich mich schwer tue, sind die Mischformen. Und von denen bekam ich eine ganze Menge ab, als ich mich über die "hashtags" bei twitter schlau machen wollte. Jaaaa-aaaaa! Ich geb's ja zu: Ich hatte keine Ahnung, was das mit den hashtags auf sich hat! Ich habe sehr wohl schon wahrgenommen, dass es sie gibt. Habe auch mitbekommen, wenn z.B. im Fernsehen auf einen besonderen hashtag hingewiesen wurde. Hatte aber keinen blassen Schimmer, was das ist - geschweige denn, was das soll. Mein Leben hat bisher auch ohne hashtags bestens funktioniert. Aber: mit mehr twitter-Aktivität kommt mehr Neugier (bei mir jedenfalls). So las ich mich denn durch diverse Internetartikel zumThema "hashtag".
Und da ging es los, volle Breitseite. Ich wurde mit Wörtern bedroht wie: geliked oder gelikt oder geliket (der Duden empfielt hier übrigens gelikt für die denglische Version des Mögens). Weitere Ladungen wurden abgeschossen mit gefaved, geposted, getweeted oder re-tweeted. Mit jeder neuen denglischen Vokabel stand mir ein Büschel Haare mehr zu Berge. Ich hatte schon die Befürchtung, sie würden mir vor Schreck ganz ausfallen. (Keine Bange, sind alle noch dran.)
Ein bisschen schäme ich mich auch für meine Engstirnigkeit. Aber nur ein bisschen. Immerhin bin ich erwachsen (naja, volljährig) und Pastorin bin ich auch, und da muss man doch mit gutem Beispiel vorangehen! Auch was Sprache betrifft! Allerdings sollte ich mir dann wohl abgewöhnen, auf der Kanzel so Sachen zu sagen wie "Gott war echt pissig".
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