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Generalprobe mit Puppe



Nachdem Herr X. mich schon seit gestern damit nervt, dass ich endlich was über die Puppentaufe schreiben soll, muss ich wohl oder übel heute nochmal einen Blogartikel verfassen. Außerdem hatte ich es euch ja auch versprochen. Obwohl: Eigentlich hat Herr X. das gar nicht verdient, dass er seinen Blogartikel zu lesen kriegt, denn Herr X. musste ja unbedingt damit angeben, dass er besser Paprika schnippeln kann als ich. 

Nur zur Erklärung: Wir stecken gerade mitten in den Vorbereitungen für den morgigen Festkommers der Feuerwehr. Und hilfsbereit, wie ich nunmal bin, dachte ich, ich helfe in der Küche ein bisschen mit. Allerdings ist das Mithelfen in der Küche total blöd, wenn drei gelernte Köche um einen rumschwirren und einfach alles besser machen. Und besser wissen. Wenigstens habe ich die Paprika fertiggeschnippelt gekriegt, und habe sogar noch alle zehn Finger. Da, wo sie hingehören: an der Hand.

Natürlich will Herr X. unbedingt wissen, wie die Puppentaufe mit dem Kindergaren gelaufen ist, denn es war ja die Generalprobe für die Taufe am Sonntag. Getauft wird Herr X. Junior. Und Herr X. ist schon ganz besorgt, dass uns vielleicht die Puppe runtergefallen sein könnte. Das wäre ein schlechtes Vorzeichen für Sonntag. Aber ich kann dich beruhigen, Herr X.: Die Puppe ist nicht runtergefallen. Alles gut. Dein Kind wird am Sonntag auch nicht runterfallen. Und wenn doch, dann heben wir es ganz schnell wieder auf. (Wie gut, dass ich nur für's Wasser und die Taufformel zuständig bin. Das Kind festhalten tut jemand anders.)

Jetzt wird sich so mancher unter meinen Amtsbrüdern und -schwestern fragen: Warum um alles in der Welt macht die eine Generalprobe für eine Taufe?!

Das kann ich euch erklären. Das hat damit zu tun, dass wir hier eine klasse KiTa (steht für Kindertagesstätte) haben, die voll fit ist und meine religionspädagogische Unterstützung eigentlich gar nicht braucht. Die machen so tolle Themen-Sachen wie Taufe. Naja, eigentlich ist die Themensache, die sie gerade machen, "Helgoländer Traditionen". Aber dazu gehört ganz unbedingt die Taufe, denn Taufe ist hier auf Helgoland schon besonders. (Kann sein, dass ich mich in einem früheren Blogartikel schon darüber ausgelassen habe. Kann aber genauso gut sein, dass es nicht schadet, das nochmal zu verbreiten.)

Eine Helgoländer Taufe findet traditionsgemäß während des Sonntagsgottesdienstes statt. Ist eigentlich nix Besonderes. Das Besondere ist aber, dass die Frauen der Tauffamilie den Gottesdienst bis nach der Predigt schwänzen dürfen. Sie bringen den Täufling erst zur Taufe in die Kirche. (Wenn die wüssten, was sie verpassen!

Nur für's Protokoll: Das ist hier so Tradition und hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ich keine laut schreienden Kinder im Gottesdienst will! Ich liebe laut schreiende Kinder im Gottesdienst! Da kann ich denen nämlich zeigen, dass ich noch lauter kann. Mit Mikrofon!

Die Männer dagegen sind von Anfang an dabei und dürfen den ganzen tollen Gottesdienst mitmachen. 

Das nächste Besondere ist, dass das Taufwasser von den Inselkindern in die Kirche gebracht wird. Das geht auf eine Zeit zurück, in der hier das Süßwasser sehr knapp war. Süßwasser war etwas ganz Besonderes. Und da auch ein Täufling was ganz Besonderes ist, wurde er oder sie mit Süß-Taufwasser beschenkt, das aus den Zisternen der Häuser kam und mit kleinen Silberbechern in die Kirche gebracht wurde. Diese Silberbecher bekamen und bekommen die Kinder hier immer noch zu ihrer eigenen Taufe. 

Im Laufe der Zeit hat sich die Tradition etwas gewandelt. Meistens holt jemand aus der Tauffamilie das Taufwasser aus der Nordsee. Heutzutage ist das also Salz-Taufwasser, das dann von den Inselkindern beim Haus des Täuflings abgeholt und in die Kirche gebracht wird. Nach der Taufe verschwinden Inselkinder, Tauffamilie und Täufling eigentlich gleich wieder, um dann bei der Tauffamilie zu Hause über Butterkuchen und Kinderwein herzufallen. Bei mir ist das anders. Ich zwinge immer alle dazu, bis zum Ende des Gottesdienstes dazubleiben, denn die Kinder müssen mir unbedingt beim Segnen helfen! Wir Lutheraner haben es zwar nicht mit der Werkgerechtigkeit, aber ich finde trotzdem, dass die Kiddies ruhig ein bisschen mehr für ihren Butterkuchen tun können als nur Wasser tragen.

Weil da bei einer Helgoländer Taufe so ganz viel Tradition drinsteckt und weil wir hier auf Helgoland so ganz viel pädagosch wertvoll arbeiten, musste es eine Generalprobe geben. Mit Puppe. Nicht mit echtem Kind. Auch nicht mit echten Taufbechern. Die kommen erst am Sonntag zum Einsatz und so mussten für die Generalprobe die Plastiktassen aus dem Kindergarten herhalten. Aber dafür mit echter Taufschale. Und mit echtem Nordseewasser, das die Erzieherinnen mit den Kindern am Tag davor geholt hatten. Und das Beste: Mit echtem Butterkuchen, von den Kindern selbst gebacken, und mit echtem Kinderwein, von einer Erzieherin selbst gekocht.

Für Butterkuchen und Kinderwein habe ich dann auch glatt den Fotografen versetzt, der eigentlich mit mir eine Stellprobe für die Konfirmation machen wollte. Ich dachte zumindest, dass ich ihn versetzt hätte. Wie sich später rausstellte, schlummerte der noch ganz selig in seinem Bett, als ich mir im Kindergarten mit mäßig schlechtem Gewissen den Wanst mit Butterkuchen vollschlug.

Wie gesagt, Herr X.: Du kannst beruhigt sein. Wenn man mal von dem kleinen Malheur absieht, dass einem der Zwerge noch nicht so ganz klar war, dass das Taufwasser zum Taufen da ist und nicht zum Trinken, dann hat alles hingehauen. Die Kinder wissen, was sie zu tun haben. Die Pastorin weiß sowieso nie, was sie tut. Also ist alles so, wie es sein soll! 

Das Einzige, was mir ein wenig Sorge bereitet, ist der Werbeeffekt, den die Helgoländer Kindergarten-Traditionstaufe-Aktion haben könnte. Ich glaube, da wollen am Sonntag ganz viele Kinder mitmachen.
Ich bin ein bisschen bange, dass zu viel Wasser angeschleppt wird und die Taufschale überläuft! Ich habe schon Instruktionen erteilt, die Taufbecher der Kinder bloß nicht zu voll zu machen! 

Einmal wäre das mit dem Überlaufen schon fast passiert, aber zum Glück war eine zweite Taufschale da. Die Familie hatte ihre eigene Taufschale mitgebracht und wir hatten zur Sicherheit (falls sie sie vergessen hätten) die kircheneigene auch noch hingestellt. Ich war so froh, dass die zweite Schale da war, denn eine alleine hätte nicht gereicht für das viele Wasser. Da hat es auch nicht wirklich geholfen, dass eines der Kinder das Systhem nicht geblickt hatte, und Wasser aus der Taufschale rausschöpfte, anstatt es reinzugießen. Aber trotzdem: Netter Versuch!
Und dann steckte ich in einem Dilemma, weil ich nicht wusste, aus welcher Schale ich nun taufen sollte. Denn glaubt es mir: Die Kinder wussten gaaaaaaaaanz genau, in welche Schale sie ihr Wasser gegossen hatten!!!

Hm, vielleicht sollten wir doch wieder anfangen, den großen Taufkessel zu befüllen, anstatt nur eine kleine Schale. Aber dann müssten wir auch wieder das ganze Kind in den Taufkessel stecken, wie das früher mal üblich war. Dann hätten wir richtig Tradition! Ich bezweifle allerdings sehr, dass das hier so gut ankommt. Also muss ich mir unbedingt noch einen Notfallplan ausdenken für die vielen, vielen Kinder mit dem vielen, vielen Taufwasser. Und dabei fällt mir gerade ein: Viele, viele Kinder essen auch viel, viel Butterkuchen! Hoffentlich gehe ich da nicht leer aus. Ich glaube, Herr X.: Du brauchst auch einen Notfallplan. Für den Butterkuchen!


Kommentare

  1. Was für eine tolle Tradition! Mein Vorschlag: Einfach noch ein drittes Taufbecken aufbauen und dann für Vater, Sohn und heiligen Geist jeweils aus einem eigenen Becken schöpfen. ;-)

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