Morgen ist Aschermittwoch. Am Aschermittwoch beginnt die Passionszeit. Und in der Passionszeit wird gefastet! Die meisten, die sich dieser Tortour von Aschermittwoch bis Ostern unterziehen, verzichten auf Alkohol, Süßigkeiten, Zigaretten und Ähnliches. Dann gibt es auch die, die 7 Wochen aufs Fernsehen verzichten. Ich habe auch schon gesehen, dass Leute 7 Wochen ohne Facebook durchgehalten haben. Für mich ist das alles nichts. Süßigkeiten wären für mich keine wirkliche Herausforderung, da ich eh kaum nasche. Alkohol trinke ich inzwischen auch fast keinen mehr. Zum Fernsehen habe ich fast nie Zeit. Facebook aufgeben kann ich nicht, denn ich lese keine Tageszeitung. Und der Tabakindustrie meine Unterstützung zu versagen, bringe ich nicht übers Herz.
Aber es gibt ja auch die Möglichkeit "7 Wochen mit" zu machen anstatt "7 Wochen ohne": 7 Wochen mit Lebensmitteln aus der Region oder fairem Handel oder 7 Wochen mit einem Fastenkalender zum Beispiel. Ich hatte mich vor einiger Zeit schon für den Kalender entschieden (weil es in diesem Haus ja viel zu wenig Kalender gibt!). Aber das reichte mir nicht. Ich brauche die Herausforderung. Und jeden Tag Kalendettexte lesen ist keine große Herausforderung.
Darum brüte ich schon seit einiger Zeit darüber, was mich denn in der Passionszeit herausfordern könnte - so richtig meine ich (neben montäglichen dienstlichen Telefonanrufen). Und dann hatte ich den Geistesblitz! Amazon!
Ich bin ein echter Amazonjunkie. Früher schon und seit ich auf Helgoland lebe noch viel mehr! Wer auch immer hier gerade die Post ausliefert, bringt jedes Mal den Spruch: Hier ist dein tägliches Amazonpaket! Obwohl ich das etwas übertrieben finde. Ich bekomme nicht JEDEN Tag ein Amazonpaket. Wenn Sturm ist, dann kommt nämlich keine Fracht. Und wenn keine Fracht kommt, dann kommt auch kein Amazonpaket. Manchmal ist das Paket auch gar nicht von Amazon sondern von ebay, oder Tschibo, oder Otto. So!
Trotzdem: 7 Wochen ohne Amazon wäre schon der Hammer! Ich war fast so weit, diese Herausforderung anzunehmen. Ich hatte mich schon auf Aktionen eingestellt wie meinen faulen Hintern ins Unterland bewegen zu müssen, um mich dann, schweißgebadet nach der körperlichen Anstrengung, durch den Drogeriemarkt zu kämpfen auf der Suche nach Shampoo und Duschgel. Und dann noch schweißgebadeter mit meinen schweren Einkaufstüten wieder zu Hause anzukommen, weil es auf dem Rückweg ja bergauf geht. Obwohl: Von 7 Wochen ohne Fahrstuhl hat ja keiner was gesagt, oder?
Aber dann kam mein Vertretungsorganist hier an. Vor ihm kamen schon Pakete an! An ihn! Nicht an mich! Mehr Pakete als an mich! Ja, er will länger bleiben als nur ein Wochenende und hat seine Bestellungen hierher auf die Insel bestellt. Macht ja auch irgendwie Sinn. Finde ich ja auch gut, einen Kirchenmusikervertreter mal länger hier zu haben. Der Kirchenchor findet das auch gut. Aber, dass er mehr Pakete kriegt als ich, finde ich überhaupt nicht gut. Im Gegenteil: Das macht mich völlig fertig.
Nur für's Protokoll: Er wohnt nicht bei mir sondern nebenan! Ist aber alles dieselbe Adresse, weil ja alles zur Kirche gehört. Also kommen seine Pakete zusammen mit meinen Paketen in meinem Pastoratsflur an.
Heute brachte der Postbote wieder Pakete. Ich war schon ganz aufgeregt!
Ich: Oooooh, wieder Pakete!
Er: Ja. Für Herrn K. und für Frau Hansen.
Ich: grrrrrrrrrrr
Meine Stimmung wurde nicht besser, als ich festellte, dass nur eins von den vier Paketen für mich war. Der Rest war für Herrn K.! GRRRRRRRRRRRR! Das ist ja schon fast eine Kriegserklärung! Auf jeden Fall wäre das für die Passionszeit seelische Grausamkeit aller erster Güte. Stellt euch das mal vor: Ich verzichte unter Qualen 7 Wochen lang auf mein tägliches Amazonpaket und muss auch noch mit ansehen, wie die Auswüchse SEINES Bestellwahns in MEINEM Flur landen! Ich bin durchaus geneigt, den Kampf aufzunehmen. Wollen doch mal sehen, wer hier mehr Pakete kriegt!
Andererseits: Ich wollte ja unbedingt eine Herausforderung. Eine richtige Herausforderung. Dann muss ich da wohl durch. Aber eines sage ich euch: Wenn der Postbote mit dem Spruch hier reinmarschiert "Hier ist das tägliche Amazonpaket für Herrn K.", dann gibt's Streit!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen